Mein Weg an den rauen Stein

 

Meine erste kurze Berührung mit der Freimaurerei hatte ich, als ich noch die Schule besuchte. Der Großvater meiner besten Freundin war Hausmeister im Logenhaus meiner Heimatstadt. Ab und an besuchten wir ihn gemeinsam. Es war ein sehr besonderes Gefühl, das Logenhaus zu betreten. Es war aufregend, spannend und geheimnisvoll. Tatsächlich wußte ich nicht, was eine Loge überhaupt ist oder was Freimauerei ist. Als ich meine eigene Familie fragte, was das denn sei, erhielt ich keine Antworten, außer dass ich dort nicht mehr hin gehen solle. Diese Antwort, die ja eigentlich keine Antwort war, befriedigte mein Interesse nicht. Also schlug ich im Lexikon nach. Meine Jugend fiel in die 1980er Jahre und Wikipedia war noch nicht online. Die Eintragung im Lexikon brachte mich nicht wirklich weiter. Das Leben eines Teenagers ist allerdings durch viele Dinge beeinflusst, ergo vergaß ich das Thema vorerst wieder.

 

Nach Ende der Schule, Ausbildung, ersten Jahren im Beruf und dem Beginn meiner Beziehung zu meiner heutigen Ehefrau erfasste mich Unruhe. Für mich begann damit eine intensive Phase des Suchens. Vom tiefen Pietismus meines Elternhauses und der - für mich darin empfundenen erstickenden Enge - hatte ich mich inzwischen doch recht weit entfernt. Entsprechend dem nahezu typischen Verlauf der Sinnsuche heute beschäftigte ich mich mit den Religionen des Ostens, Buddhismus und Hinduismus. Allerdings - bedingt durch die pietistische Prägung meiner Kindheit und Jugend - waren die Konzepte der östlichen Religionen so wesensfremd für mich, dass ich nur wenig davon auf mich und mein Leben übertragen konnte. 

 

Da erschien in der regionalen Zeitung ein Pressebericht unseres GroßMeisters über die gemischte Freimaurerei. Bei der Lektüre dieses Berichts wurde mir deutlich, da könnte der Weg für mich hingehen. Ich begann mich mit der Freimaurerei zu beschäftigen. In meiner Heimatstadt befindet sich auch eine Loge. Dabei handelt es sich um eine Loge der VGLvD. Das bedeutete konkret, dass dort nur Männer zugelassen werden. Mir persönlich ist das Konzept der Monogeschlechtlichkeit in einer Gruppe völlig unverständlich. Meiner Wahrnehmung nach sollte eine Loge ein Abbild der Gesellschaft sein. Das bedeutet für mich, dass Frauen und Männer gemeinsam in der Loge arbeiten, genauso wie sie im Alltag zusammen leben und arbeiten. Das führt doch auch zu der Frage, was Frauen für einen Mann bedeuten. Die erste Frau in unserem Leben ist unsere Mutter. Vielleicht wachsen wir mit Schwestern auf. Ab der Pubertät werden junge Frauen zu unseren Partnerinnen. Warum sollten wir uns, wenn es um die Arbeit am eigenen Charakter, der eigenen Seele geht, von Frauen abgrenzen? Ist es nicht eher so, dass wir voneinander lernen können? Uns gegenseitig Anregungen und Hilfen geben können? Ich möchte auf den Einfluss der Frauen in meinem Leben nicht verzichten müssen - auch nicht in der Freimaurerei.

 

Die Schwestern, mit denen ich in unsere Loge zusammen arbeite, haben mir viele Einsichten und Anregungen gebracht.

 

Vielleicht ist diese Form der Freimaurerei auch etwas für Sie. Wir freuen uns auf Besucher.

 

Br. Jens S.

 

 

Mozart hat mich "rekrutiert"

 

Ich bin schon lebenslang eine Liebhaberin von Mozarts Musik. Meine frühesten Mozarterinnerungen sind - wie bei wohl vielen Kindern - die Lieder des Papagenos aus der Zauberflöte. Die sind nicht sehr "maurerisch", aber die Zauberflöte ist es, durch und durch. Ich musste erst erwachsen werden, bis ich sie überhaupt nur ansatzweise zu verstehen begann. Das war so viel mehr als ein Märchen über böse Königinnen, heldenhafte Prinzen, geraubte Königstöchter und zwielichtige, intrigante Gestalten, verzauberte Flöten und Glockenspiele. Irgendwann begann ich mich mit dem Libretto, dem Operntext, intensiver auseinanderzusetzen. Eine Oper mit Botschaft, Bekenntnis zum Humanismus. Ich lernte dann, der Text sei in vielen Teilen freimaurerisch. Freimaurer? Waren das nicht diese seltsamen Männer in schwarzen Anzügen, mit Kragen, Schurzen und weißen Handschuhen, die von einer Million Geheimnissen und völligem Schweigen über das, was hinter verschlossenen Türen vor sich geht, umgeben sind? Mir kamen die zum damaligen Zeitpunkt äußerst suspekt und mysteriös vor. 

 

Im Laufe der Jahre interessierte ich mich nicht nur für Mozarts Musik, sondern auch für seine Biographie. Ich wollte das Geheimnis entdecken, wie Mozart sämtliche menschlichen Emotionen in Klang gießen konnte. Ich habe es bis heute nicht entdeckt, es ist für mich inzwischen auch relativ nebensächlich. Aber ich entdeckte, dass Mozart Freimaurer gewesen war. Oh mein Gott, der gehörte also auch zu diesem verschwiegenen Männerclub, dachte ich augenrollend. Nun, die Zauberflöte fiel mir ein. Er hätte kaum die Zauberflöte geschrieben, wenn er kein Freimaurer gewesen wäre, logisch. Aber was war jetzt Freimaurerei? Ich hatte immer noch keine realen Vorstellungen davon. Ab diesem Zeitpunkt begann ich, mich ernsthaft mit Freimaurerei auseinanderzusetzen, weil ich wissen wollte, warum Mozart Freimaurer geworden war. Da war ich etwa Anfang bis Mitte dreißig. Ich fiel vor Überraschung praktisch "ins Essen". Das war also Freimaurerei? Gleichheit, Freiheit, Brüderlichkeit, Humanismus, Toleranz, Hilfe untereinander? Wenn es das war, war ich eigentlich schon immer Freimaurerin gewesen. Das waren Sachen, an die ich zutiefst glaubte und glaube. Aber wie konnte ich Freimaurerin werden? Die nahmen doch keine Frauen auf! Für einen Freimaurer war eine Frau in der Loge doch beinahe der "Antichrist" oder so was... Zu meiner persönlichen Beruhigung hatte immerhin Mozart selbst damals im 18. Jahrhundert laut darüber nachgedacht, eine "gemischte" Loge zu gründen, für Frauen und Männer, "La Grotta" sollte sie heißen. Es kam nie dazu, aber ich fand seine Denke extrem fortschrittlich. 

 

Meine Lebensumstände änderten sich danach öfters, ich zog praktisch vom Osten Deutschlands in den Süden, dann noch weiter in den Süden und von da wieder in den Westen zurück, in die Heimat, es passierte viel in diesen Jahren und die Freimaurerei glühte immer irgendwo in einer Ecke meines Geistes still vor sich hin, als eine Möglichkeit, war aber ein wenig ad acta gelegt. Irgendwann suchte ich intensiv im Internet nach einer Möglichkeit, in diesem Leben doch noch Freimaurerin zu werden. Keine Männerloge würde mich je nehmen, in eine reine Frauenloge wollte ich aber auch nicht, das war ja im Prinzip auch wieder nur die Aussperrung der Hälfte der Menschheit. Das erschien mir genauso dumm. Also suchte ich nach einer Loge, in der Frauen und Männer gemeinsam arbeiteten, alles andere war für mich indiskutabel, denn Frauen und Männer begreife ich seit jeher als gleichberechtigte Wesen mit der gleichen Fähigkeit, vernunftbegabt und humanistisch zu handeln. Wir sind inzwischen auch im 21. Jahrhundert. Und nicht im Vatikan. Ich fand dann eine Loge, nämlich die "Glück Auf!" im Orient Dortmund, von mir aus mit dem Auto gut zu erreichen. Und genau das war meine Nadel im Heuhaufen. Denn hier heult mein Rudel :-)

 

Schw. Anja S.

 

 

 

Erster "Schritt" auf einem langen Weg

 

Ich war 1963 als junger Mann in einem großen graphischen Betrieb als Chemigraph [früherer Fachberuf des graphischen Gewerbes, heute als „Mediengestalter für Digital- und Printmedien“ bezeichnet] beschäftigt und wurde beauftragt, für eine Festschrift der heimischen Loge zum 75jährigen Bestehen die entsprechenden Bilddruckstöcke zu erstellen. Dadurch wurde mein Interesse erstmals auf die Freimaurerei gelenkt. Ich kannte das Logenhaus und wusste auch, dass sich dort an bestimmten Tagen schwarz gekleidete Männer meist in den Abendstunden trafen. Es waren die Freimaurer, aber viel mehr konnte ich nicht herausbekommen.

 

Knapp zwanzig Jahre später kam ich bei Freunden mit einem ihrer Verwandten ins Gespräch - auch irgendwann über die Freimaurerei. Er bekannte sich als Freimaurer und lud mich ein, mal an einer Gästeveranstaltung teilzunehmen, was ich gerne annahm. Schnell kam die offizielle Einladung der Loge und ich ging voller Erwartung dort hin. Was fand ich vor? Eine ganze Menge interessanter Herren, darunter auch zwei meiner alten Lehrer, die sich alle sehr um mich bemühten und mir viele Informationen zukommen ließen. Nach zwei weiteren Besuchen wurde mir angedeutet, dass man es begrüße, wenn ich einen Antrag zur Aufnahme stellen würde. Das ließ ich mir nicht zweimal sagen und so wurde ich dann im März 1984 als Freimaurer initiiert - mein Wunsch hatte sich erfüllt. Wie richtig dieser erste Schritt war, zeigt sich noch heute, denn nach über dreißig Jahren bin ich immer noch ein begeisterter Freimaurer.

 

Auch ein zweiter Schritt ist oft wichtig

 

Im Jahr 2000 ergab sich für mich die Fragestellung, ob mir die Freimaurerei noch wirklich wichtig ist. Die Antwort war ein klares „Ja“. So habe ich mein altes System verlassen und schließlich mit gleichgesinnten Brüdern einen neuen Weg gesucht und gefunden. Es war der Weg in die liberale Freimaurerei, in der der Mensch mehr ist als nur ein Mann oder eine Frau. Ich kann sagen, es war der richtige Schritt, um im Bild zu bleiben und ich bin glücklich, so, wie es ist.

 

Br. Hans-Joachim N.